Hier wird Deutschland neu erzählt: So soll das Migrationsmuseum in Köln aussehen
10.04.2025
- Europaweites Vergabeverfahren für Architektur und Ausstellungsgestaltung kommt zum erfolgreichen Abschluss
- Architektur von ATELIER BRÜCKNER verbindet industriellen Charakter mit nachhaltigem Kulturbau
- Kölner Industriehalle verwandelt sich in Ort der Erinnerung und Begegnung
- Das Museum Selma zeigt, wie Migration Deutschland geprägt hat und prägt
- Eröffnung für 2029 geplant
Köln, 10.04.2025 – Wo einst Stahlbleche gegossen und gewalzt wurden, entsteht in den nächsten Jahren ein wegweisender Kulturbau: das Museum Selma. Mit einem konsequent nachhaltigen Entwurf für Architektur und Ausstellungsgestaltung hat das ATELIER BRÜCKNER die Jury überzeugt. Ein europaweites Vergabeverfahren findet mit diesem Siegerentwurf ein erfolgreiches Ende. Auf Basis eines modernen Museumskonzepts erzählt das bundesweite Migrationsmuseum die Geschichte Deutschlands neu.
ATELIER BRÜCKNER aus Stuttgart gehört zu den weltweit führenden Ausstellungsgestaltern und übernimmt die Generalplanung. In einem zweistufigen Vergabeverfahren konnte sich die Ideenskizze durchsetzen, die nach Auffassung der Jury am stärksten auf die inhaltlichen Vorgaben des Museums – Öffnung zum Stadtteil, Nachhaltigkeit, Partizipation und Digitalität – eingegangen war.
Bewahrung des Baubestands als Nachhaltigkeitsfaktor
„An dem von ATELIER BRÜCKNER eingereichten Konzept hat uns die offene und flexible Raumaufteilung ebenso überzeugt wie die nachhaltige Bauweise“, erklärt Yordanos Asghedom, Projektleiterin des Museumsbaus bei der Trägergesellschaft DOMiD. „Museen tragen eine besondere Verantwortung, modellhafte Vorreiter in der baulichen Anpassung an den Klimawandel zu werden. Das interdisziplinäre Planungsteam hat hier innovative Lösungen vorgeschlagen, die wir nun weiter ausplanen“. Der behutsame Umgang mit den industriellen Elementen sowie das Bauen in diesem Bestand – also der Verzicht auf einen Abriss der bestehenden Halle – seien weitere Faktoren, die das Konzept für das Museum Selma als nachhaltig auszeichneten, so Asghedom. „Der Entwurf sieht einerseits modulare Holzeinbauten vor, arbeitet aber anderseits die Stärken der bestehenden Hallen heraus und nutzt deren Elemente: Das Seitenschiff der Halle 70 dient der Erschließung und der freien Zugänglichkeit. Kranbahnen, Türen und Türöffnungen, Schienen und Oberflächen bleiben erhalten und werden in die Gestaltung integriert.“
Das Museum als „Dritter Ort“
Die benachbarte Halle wird nach aktuellen Planungen der Stadt Köln als „Freilufthalle“ entwickelt. Dadurch ergeben sich attraktive Aufenthaltsflächen unter freiem Himmel für den Stadtteil. „Schon der Eingang des Museums wird ein Erlebnis“, so Robert Fuchs, Geschäftsführer von DOMiD. Besuchende kommen über die Freilufthalle in das Museum und befinden sich dann in einem großen Eingangsbereich. Weite Flächen in diesem großzügigen Foyer sind frei zugänglich und laden somit Menschen ein, sich hier aufzuhalten – unabhängig von einem Besuch der Ausstellung. Das Museum Selma folgt damit der Vorstellung von Museen als attraktiven „Dritten Orten“, an denen man gerne Zeit verbringt und die nicht dem Konsum unterworfen sind.
„Form follows content“, die Gestaltungsphilosophie von ATELIER BRÜCKNER
Das Kernstück der Dauerausstellung besteht aus einer chronologischen Darstellung deutscher Geschichte, um die Perspektiven der Migration ergänzt, sowie sechs Konzepträumen, die einzigartige Besuchserlebnisse schaffen. „Der Ausstellungsentwurf von ATELIER BRÜCKNER besticht dadurch, dass sich die Besuchenden im freien Fluss bewegen können, ohne dass ihnen vorgegeben wird, was sie zuerst anschauen sollen. Die Anordnung geht zusammen mit unserer Vorstellung, dass Migration unsere Gesellschaft fortlaufend verändert – immer wieder von vorne. Hier wird deutlich, dass sich die Form des Museums aus dem Inhalt ableitet“, so Fuchs.
„Die Ausstellung wird unsere Geschichte als Migrationsgesellschaft erzählen – vielstimmig und aus vielen Perspektiven. Denn Deutschlands Geschichte ist eine Migrationsgeschichte“, erklärt Iva Krtalić aus dem Gesellschafterkreis des Museums. „Hier wird ein offener Ort geschaffen, der zur Begegnung und Dialog einlädt. An diesem Ort sind alle eingeladen, diese Geschichte zu erforschen und zu erzählen, hier können wir unser Zusammenleben heute und in Zukunft diskutieren und gestalten."
Das Museum Selma als Museum neuen Typs
Die Ausstellungsgestaltung sieht zahlreiche Möglichkeiten der Interaktion mit den Inhalten vor.
Schon in der Erarbeitung der Museumsinhalte spielt die inhaltliche Teilhabe und Mitbestimmung möglichst vieler Perspektiven eine große Rolle: So wird ein ganzer Konzeptraum der Ausstellung in einem partizipativen Prozess erarbeitet.
Neben der inhaltlichen Teilhabe der Öffentlichkeit als Kernprinzip gibt es weitere Faktoren, die das Museum Selma zu einem „Museum neuen Typs“ machen. Dazu gehört die Entstehung aus einer migrantischen Selbstorganisation, als die der Trägerverein DOMiD im Jahr 1990 gegründet wurde. Auch die unterschiedlichen Möglichkeiten, die das Museum bieten wird, tragen dazu bei: Hier werden Nutzungsformen wie Ausstellung, Kulturveranstaltungen, Forschung und Sammlung unter einem Dach vereint. Ein Kinosaal, ein Digital-Labor, ein frei nutzbarer „Open Space“ sowie Flächen für Kinder verdeutlichen, dass hier kein „klassisches“ Museum entsteht. Modulare Veranstaltungsräume lassen Nutzungen von kleinen Seminaren bis hin zu Konferenzen, Firmenfeiern und kulturellen Veranstaltungen zu. Neben der Ausstellung wird auch die über 150.000 Objekte zählende Sammlung in modernen neuen Depoträume nach Köln-Kalk ziehen. So vereint das Museum alle Nutzungen an einem Ort.
Der Bau des Museums wird über den Bund und das Land NRW sichergestellt. Die Stadt Köln stellt Gebäude und Grundstück zur Verfügung und engagiert sich in der Entwicklung der „Hallen Kalk“ als ein neues gemeinwohlorientiertes Quartier im rechtsrheinischen Köln. Der Betrieb wird über öffentliche Mittel und Eigeneinnahmen sichergestellt. Derzeit sucht die Trägergesellschaft nach Partnern aus der Privatwirtschaft, um die Themen Digitalisierung und Partizipation noch weiter auszubauen. Die Eröffnung des Museums Selma ist unter Vorbehalt externer Faktoren für das Jahr 2029 geplant.
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So kann das Museum Selma ab 2029 betreten werden. Das Dach der benachbarten Halle ist frei und ein großer Vorplatz, der offen ist für die gesamte Stadtgesellschaft bildet auch den Eingangsbereich des Museums. Das alte Stahlgerippe der ehemaligen Industriehalle bleibt stehen. Entlang alter Schienen auf dem Boden kann das Foyer des Museums betreten werden. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Zu sehen ist die freigelegte benachbarte Halle, über den die Besuchenden in das Museum kommen können. Das alte Stahlgerippe bleibt stehen. Entlang alter Schienen auf dem Boden kann der Eingangsbereich des Museums betreten werden. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Der Eingangsbereich des Museums Selma. Auf dem Boden verlaufen die alten Schienen und oben das Tragwerk und die Kranbahnen der alten Industriehalle. Im mittleren Teil ist eine große hölzerne Freitreppe, die zur Erschließung der oberen Räume dient oder zum Verweilen. Auf der Treppe sitzend kann in dien Bereich für die Wechselausstellungen geblickt werden. Rechts der Ticketschalter. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Der große Eingangsbereich von Museum Selma bietet vielfältige Möglichkeiten: ein Kaffee in der Museumsgastronomie oder eine Unterhaltung mit Freund*innen und Familie auf verschiedenen Sitzmöbeln. Das Seitenschiff der Museumshalle ist in seiner ganzen Länge von über 200 Metern gut zu erleben. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Eingangssituation in die Dauerausstellung von Museum Selma. Auf großen Bildtafeln werden Momente deutscher Geschichte gezeigt. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Eingang in die "Chronologie" der Dauerausstellung im Museum Selma. Kreisrund angeordnet können die Besuchenden eintauchen in deutsche Geschichte der Nachkriegszeit, vielstimmig ergänzt durch bisher selten gehörte Stimmen und Perspektiven. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Detaillierter Einblick in die Dauerausstellung. Vitrinen mit historischen Objekten und künstlerische Installationen lassen Migrationsgeschichte lebendig werden. Im Hintergrund: der Eingang in zwei Konzepträume. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Die Pusteblume ist weithin als Wunschsymbol bekannt und findet bei Menschen auf der ganzen Welt Anklang, weil sie die universelle menschliche Sehnsucht nach Hoffnung und den Glauben an Möglichkeiten widerspiegelt. In der Atempause, die diese Installation bietet, können die Menschen ihre Liebe mit ihren Liebsten teilen und zeigen. Visualisierung: ATELIER BRÜCKNER
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Presseschau (Auswahl)
Deutschlandfunk Kultur, Fazit, 10.04.2025 - Dr. Robert Fuchs sprach im Deutschlandfunk Kultur über die Pläne für das Museum Selma und über die besondere Qualität der ausgewählten Ideenskizze.
WDR 3, Resonanzen, 10.04.2025 - Unser Geschäftsführer Dr. Robert Fuchs im Interview mit WDR3 Resonanzen über die neugefundene Architektur, Ausstellungsgestaltung und das Konzept für das Museum Selma
WDR Lokalzeit Köln (TV), 10.04.2025 - Die WDR Lokalzeit war zu Gast auf unserer Pressekonferenz, auf der unser Generalplanungsteam die Entwurfsideen für das Museum Selma vorgestellt hat.